Techtransfer-Fall 1: Neue Analysealgorithmen zur Auswertung elektrischer Signale, die von lebenden Zellen erzeugt werden
Im Rahmen des PROMOS-Projekts ist eines der wichtigsten Ziele des Technologietransfers (TT) die Entwicklung fortschrittlicher Analysewerkzeuge, mit denen komplexe biologische Daten in verwertbare Erkenntnisse umgewandelt werden können. TT Case 1 befasst sich mit einer zentralen wissenschaftlichen und technologischen Herausforderung: der präzisen Interpretation der elektrischen Aktivität, die von aus humanen induzierten pluripotenten Stammzellen gewonnenen Kardiomyozyten (hiPSC-CMs) erzeugt wird, die auf Multi-Elektroden-Arrays (MEAs) kultiviert werden.
Diese Zellen reproduzieren viele der elektrophysiologischen Eigenschaften des menschlichen Herzens. Wenn sie chemischen Verbindungen ausgesetzt werden, reagieren sie mit messbaren Veränderungen ihrer Feldpotenziale. Solche Reaktionen enthalten wichtige Informationen über die durch Medikamente verursachte Kardiotoxizität, aber die schiere Menge und Komplexität der MEA-Daten machen eine manuelle Auswertung zeitaufwändig, subjektiv und schwer skalierbar. Die Entwicklung zuverlässiger und automatisierter Analysemethoden ist daher für die Weiterentwicklung des präklinischen Sicherheits-Screenings von entscheidender Bedeutung.
Um dieser Herausforderung zu begegnen, haben die PROMOS-Partner FH Kärnten (AT) und Eurac Research (IT) eine neue Software-Pipeline entwickelt, die drei tiefe neuronale Netze (DNNs) umfasst, die jeweils auf einen bestimmten Analyseschritt zugeschnitten sind:
- Lokalisierung von Depolarisationsspitzen,
- T-Wellen-Erkennung und
- Klassifizierung von Arrhythmien.
Zusammen rekonstruieren diese Modelle die zeitliche Struktur des Herzzyklus und identifizieren Unregelmäßigkeiten mit hoher Präzision. Für ihr Training ist ein umfangreicher Trainingsdatensatz erforderlich. Mehrere tausend MEA-Signalsequenzen werden manuell annotiert, um robuste Ground-Truth-Labels zu generieren. Dies ist ein bedeutendes Unterfangen, das hochpräzise Downstream-Vorhersagen gewährleistet.
Diese Aktivität vereint die komplementären Stärken des Konsortiums: Fachwissen in MEA-basierter Elektrophysiologie, biomedizinischer Datenverarbeitung und modernster KI-Modellentwicklung.
Das Ergebnis ist ein skalierbares, reproduzierbares Analysewerkzeug, das Folgendes unterstützt:
- Bewertung der Kardiotoxizität etablierter und neuer Wirkstoffe,
- Modellierung krankheitsähnlicher elektrophysiologischer Muster,
- Systematischer Vergleich pharmakologischer Effekte unter unterschiedlichen Versuchsbedingungen,
- Verbesserte Reproduzierbarkeit bei umfangreichen Herzsicherheitsscreenings.
Durch die Integration dieser Algorithmen in eine benutzerfreundliche Softwareplattform bietet das Projekt Forschern eine leistungsstarke Ressource zum Verständnis der Wirkungen von Arzneimitteln auf menschliche Herzzellen. Dieser Ansatz veranschaulicht, wie grenzüberschreitende Zusammenarbeit und multidisziplinäre Innovation den Transfer wissenschaftlicher Fortschritte in praktische Anwendungen mit klarer biomedizinischer Relevanz beschleunigen können.
